home > Recht > Rechtsmittel > Seite 5
Rechtsmittel 5

3. OVG zur Einhaltung des Satzungsverfahrens

 

In einem Beschluß vom 23.04.98 (AZ: 4 EO 6/97) hat das ThürOVG u.a. entschieden, daß dem Thüringer Landesrecht vor Inkrafttreten der ThürKO (01.07.94) eine zwingend zu beachtende Reihenfolge zwischen Ausfertigung und Anzeige bzw. Satzungsgenehmigung nicht zu entnehmen war. Eine solche folgt auch nicht aus dem Rechtsstaatsprinzip. Damit hat sich das OVG zu formell-rechtlichen Verfahrensfehlern beim Erlaß von Gebühren- und Beitragssatzungen geäußert.

Im vorliegenden Fall wurde die betreffende Beitrags- und Gebührensatzung vom Verbandsvorsitzenden bereits am Tag der Beschlußfassung und nicht erst im Anschluß nach der erforderlichen Anzeige bei der Rechtsaufsichtsbehörde ausgefertigt. Dies sei zwar ein eindeutiger Verstoß gegen § 2 (5) Satz 1 ThürKAG und § 21 ThürKO, jedoch vertritt das ThürOVG die Auffassung, daß diese rechtswidrige Verfahrensweise die rechtsstaatlich gebotene Beurkundungsfunktion trotzdem erfüllt. Hierfür werden folgende Gründe genannt:

Bei der Ausfertigung von Satzungen handelt es sich um ein grundsätzlich nach Landesrecht zu beurteilendes Gültigkeitserfordernis (vergl. BVerwG, Beschluß vom 16.05.91 - 4 NB 26.90), das nunmehr in § 21 (1) Satz 1 der ThürKO seit 1.7.94 verankert ist. Zum maßgeblichen Zeitpunkt im vorliegenden Fall (20.10.93) war es indessen landesrechtlich nicht geregelt, wie die Ausfertigung und Veröffentlichung von Satzungen zu erfolgen hat.

Nach Auffassung des ThürOVG genügt der im vorliegendem Fall vorgenommene Ausfertigungsvermerk durch den Verbandsvorsitzenden den Anforderungen der Ausfertigung einer Satzung, also der Bestätigung der Identität des Inhalts der nicht mehr veränderten Satzung mit dem von der Verbandsversammlung beschlossenen Normtext.

Mit dieser Auffassung widerspricht das ThürOVG die bisher zur Rechtslage in Thüringen vertretenen Rechtsprechung und der in der Literatur vertretenen Rechtsauffassung (vergl. Beschluß VG Meiningen vom 16.01.95 - 8 E 555/94Me; Uckel/Hauth/Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, Rn. 2 zu § 21 ThürKO).

 Nach Auffassung des ThürOVG erschöpft sich die aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Funktion der Ausfertigung in der förmlichen Bestätigung der Übereinstimmung des Inhalts der Satzung mit dem Willen des Beschlußorgans (Identitätsfunktion). Die der Ausfertigung zugemessene Aufgabe einer Bestätigung der Legalität des Rechtsetzungsverfahrens bis zur erforderlichen Anzeige bzw. Genehmigung bei der Rechtsaufsichtsbehörde (Legalitätsfunktion) ist nicht mehr durch das Rechtsstaatsprinzip geboten.

 Mit dieser Entscheidung hat das ThürOVG die Anforderungen an die Einhaltung der Bestimmungen des mehrteiligen Satzungsverfahrens relativiert. Mit dieser Relativierung folgt das ThürOVG letztlich auch der mehrheitlichen Auffassung des Thüringer Landtages, wonach formell-rechtliche Satzungsmängel, die bis 01.07.94 aufgetreten sind, durch ein Heilungsgesetz nachträglich geheilt wurden. Dem Rechtsstaatsprinzip dient dies sicherlich nicht umfassend.

Es ist jedoch davon auszugehen, daß mit Inkrafttreten der ThürKO zum 01.07.94 das Verfahren zum Erlaß einer kommunalen Satzung im § 21 eindeutig geregelt ist. Die im vorliegendem Fall durch das ThürOVG bestimmten Grundsätze des Verfahrens beim Erlaß kommunaler Satzungen dürften demnach nur für Satzungen gelten, die vor dem 01.07.94 erlassen wurden.

 

Zurück   

Kommunalpolitisches Forum Thüringen e.V.


Bürgerinitiative gegen überhöhte Kommunalabgaben im Landkreis Ludwigslust e.V.
Spenden-/ Vereinskonto Nr. 1530 000 994, Kreissparkasse Ludwigslust, BLZ 140 520 00
1. Vorsitzender Dr. Hans-Jürgen Neiding, Gartenstr. 4, 19303 Tewswoos, Tel 038759/3040
 Haftungsausschluss | Webmaster | Stand: 24.12.2001 |
webdesign thomas hein