Hinweise zum Rechtsweg
Bescheide aufgrund umstrittener Satzung
Die geltende Abgabensatzung war auf der Verbandsversammlung des Zweckverbandes am 18. Juli 2001 von fast allen Bürgermeistern trotz heftiger Proteste im Vorfeld beschlossen worden.
In den nächsten Wochen und Monaten werden viele Grundstückseigentümer die Gebührenbescheide für ihren Wasser-
und Abwasseranschluss von der neuen Geschäftsführung des Zweckverbandes zugesandt
bekommen, auch wenn sie bereits einmal vor Jahren eine Rechnung dafür bekommen haben. Erst ab
2001 gibt es eine beschlossene, aber umstrittene Gebührensatzung und nach diesen Preisen werden jetzt die
Bescheide erteilt.
Nach einem Grundsatzurteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) in Schleswig-Holstein aus 1998, ist ein Verwaltungsakt (Satzung oder Vertrag)
ohne ordnungsgemäße Ausschreibung nicht rechtmäßig. Alle dazu erlassenen Gebührenbescheide sind demnach nichtig. OVG-Urteile aus anderen Bundesländern sind
jedoch nur richtungsweisend, aber nicht verbindlich, solange auf Landesebene kein eigenes Urteil in dieser Sache gesprochen wurde. Für MV ist das OVG in Greifwald zuständig.
Der
Widerspruch
Jeder Bürger sollte seine Bescheide umgehend prüfen lassen und dann einen formlosen
Widerspruch an den Zweckverband schicken. Eine schriftliche Begründung gegen die Höhe der geforderten Summe kann nachgereicht werden.
Wichtig ist unbedingt die Einhaltung der
Widerspruchsfrist von einem Monat nach Erhalt des Bescheides. Ansonsten wird dieser rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.
Wer seine Bescheide aber rechtskräftig werden lässt oder vorschnell bezahlt, wird nicht von den möglichen Erfolgen der
Kläger profitieren. Auch das Zahlen nur einer Rate kann als Anerkennung
des Bescheides ausgelegt werden.
Zusammen mit dem Widerspruch muss gleichzeitig
nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden, da der Widerspruch
allein keine aufschiebende Wirkung hat. Sonst wird formell gemahnt und bald steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür und
pfändet die Forderung des Zweckverbandes. Man sollte sich auch nicht auf eine mögliche
Stundung des Betrages einlassen, da hierfür Zinsen zu zahlen sind.
Sollten Sie sich dennoch zur Zahlung
entschließen, dann sollten Sie nur unter Vorbehalt zahlen. Dazu versenden Sie
einen Scheck mit dem Vermerk "nur unter Vorbehalt" in einem
eingeschriebenen Brief.
Vorsicht:
Natürlich keinen Widerspruch bei Bescheiden einlegen, die für Sie günstig sind!
Sonst kann es passieren, dass die Forderung nach oben korrigiert wird. Wenden
Sie sich an uns.
Die Klage
Die meisten eingereichten Widersprüche werden sicherlich vom
Zweckverband als unbegründet zurückgewiesen. Dann muss - auch wieder innerhalb von vier Wochen nach diesem
Ablehnungsbescheid - Klage vor dem Verwaltungsgericht in Schwerin eingereicht werden.
Die Kosten dafür sind gering, weil man sich ohne Rechtsanwalt dort selbst vertreten kann.
Bitte wenden Sie sich an uns, damit wir kostengünstige Sammelklagen
organisieren können, die von einem fachkundigen Anwalt betreut werden. Durch die
Arbeitsbelastung der Gerichte werden die Rechtsstreite aber mindestens ein bis zwei Jahre dauern.
Aufgrund der erschreckenden Misswirtschaft des Zweckverbandes
in den letzten Jahre, zu groß geplanter Klärwerke, Großeinleiterverträgen zu Dumpingpreisen und fehlerhafter
Kostenkalkulationen besteht durchaus eine gute Chance, sich gegen die unverhältnismäßig hohen Forderungen gerichtlich zu
wehren.
Darauf ist kein Verlass mehr:
Das Verwaltungsgericht überprüft von sich aus in einem besonderen Normenkontrollverfahren bei jeder Klage die zugrundeliegenden Rechtsnormen. Die umstrittene ZkWAL-
Gebührensatzung kommt dann also endlich auf den juristischen Prüfstand. Normenkontrollverfahren können übrigens auch von jedem Betroffenen veranlasst werden. Das Verwaltungsgericht ist aber verpflichtet, die rechtliche Norm in jedem Fall bei der Widerspruchsklage von sich aus zu überprüfen.
Nach dem Verwaltungsverfassungsgesetz § 29 haben betroffene Gemeinden oder Bürger ein
Recht auf Akteneinsicht beim Zweckverband. Das muss im Einzelfall beantragt, darf aber nicht verwehrt werden. Lassen Sie sich eine Verweigerung der Akteneinsicht schriftlich bestätigen, damit wir dagegen angehen können! Es gibt dazu auch eine europäische Richtlinie, welche die BI demnächst kopieren wird.
Es gibt mittlerweile ein Urteil, wonach auch Rechtsmittel in Form von Schadensersatz gegen den Gebührenbescheidsausreicher eingelegt werden können
gem. § 839 BGB, wenn sich der Bescheid nachträglich als falsch herausstellt und der Betroffene aber keine Rechtsmittel (Widerspruch etc.) eingelegt hat. Denn es gilt der Grundsatz: Der Bürger muss davon ausgehen, dass eine Behörde einen richtigen Bescheid herausgibt.
Auf den fernen Tag sollte man aber nicht warten.
Überdimensionierte Klärwerke
Az. 2 L 129/94 (OVG Schleswig-Holstein) - Urteil vom 30. 01. 1995
Zu große Anlagen brauchen vom Bürger nicht bezahlt werden: Bürger können von
den Kommunen nicht verpflichtet werden, Gebühren für überdimensionierte Abfall- und Abwasseranlagen zu bezahlen.
Die Planung von Entsorgungsanlagen, die durch Nutzergebühren finanziert werden, muß das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung
und das Prinzip "Gebühren nur für Gegenwerte" beachten. Vorratsplanungen sind unzulässig. Der Bedarfsprüfung unterfallen Abwasserkanäle und -sammler,
Kläranlagen, Abfalldeponien und Müllverbrennungsanlagen, die durch Gebührenbescheide finanziert werden. Nur betriebsbedingte Kosten sind
ansatzfähig, ständige Nichtauslastung und Oberdimensionierung sind herauszurechnen. "Es wird Aufgabe der Gemeinde sein, bei der erforderlichen
Neukalkulation des Gebührensatzes die Kosten der Überdimensionierung herauszurechnen."
Ausschreibungspflicht
Az. 12 A 11692/92 (OVG Rheinland-Pfalz) - Urteil vom 01. 12. 1994
(rechtskräftig!)
Ohne öffentliche Ausschreibung keine Gebühren: Landkreise und Gemeinden müssen bei Aufträgen für Projekte, deren Kosten durch Gebühren umgelegt
werden, eine Vergabe durch öffentliche Ausschreibung vornehmen. Eine Gebührensatzung, die unter Mißachtung der Ausschreibungspflicht erlassen
worden ist, ist unwirksam.
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