Freitag, 16. Mai 2003

Behandeln statt Verbrennen

Restmüll: Entsorgung findet weiter auf Ihlenberger Deponie statt

Nordwestmecklenburg Die Müllentsorgung für den Kreis ist gestern mit einer historischen Entscheidung für die Zeit bis 2025 geregelt worden. Auch künftig kommt der Restmüll nach Schönberg, allerdings wird er in einer mechanisch-biologischen Anlage vorbehandelt. Jubel herrschte gestern bei der Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft (IAG), die die Ausschreibung in dem Millionenpoker für sich entscheiden konnte. 

Ab 1. Juni 2005 darf kein Restmüll einfach mehr so auf die Deponie gekippt werden, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Als Folge hatte der Landkreis Nordwestmecklenburg gemeinsam mit der Hansestadt Wismar und dem Parchimer Kreis vor Monaten eine Ausschreibung gestartet. Dabei ging es nicht nur um die Entscheidung für eine Firma, sondern auch um die Art der Müllbehandlung. In dem Poker zwischen Verbrennung oder mechanisch-biologischer Behandlung hat sich der Kreis mit seinen gut 15000 Tonnen Restmüll im Jahr für Letzteres entschieden. Und, die Entsorgung bleibt im Kreis, genauer auf der Ihlenberger Deponie nahe Schönberg. Die landeseigene Gesellschaft IAG hatte schon vor Monaten mit dem Großentsorger Rethmann eine Firma gebildet, um die neue Anlage auf den Weg zu bringen. Zusammen mit der in Niedersachsen ansässigen Firma Umweltschutz Nord gelang der Bietergemeinschaft der Durchbruch. Zugleich mit Nordwestmecklenburg entschied sich auch die Hansestadt Wismar für den Ihlenberg. Gerd-Jürgen Bruckschen, IAG-Geschäftsführer, konnte gestern Nachmittag strahlend den Vertrag von Landrat Erhard Bräunig entgegennehmen. Mit dem Vertrag, so Bruckschen, würden auch die Arbeitsplätze im Nordwesten gesichert, auf und um die Deponie arbeiten immerhin 125 Menschen.

Für die Abfallbehandlung wird nicht nur eine neue Anlage benötigt, für die Ablagerung der Reste wird faktisch auf dem Gelände eine zweite Deponie eröffnet. Geplant ist, jährlich 120000 bis 150000 Tonnen Restmüll auf dem Ihlenberg behandeln zu lassen. Dafür fehlen der IAG, die z. B. auf die 30000 Tonnen Schweriner Jahresmüll hofft, noch einige Verträge. Bruckschen: "Wir werden unsere Verträge mit dem Kreis auf jeden Fall erfüllen." Der Wert der Abmachung wurde über die Laufzeit von 20 Jahren auf etwa 30 Millionen Euro allein für die Müllmenge des Landkreises beziffert. Mayk Pohle 

Bilder dieser Art wird es vom Ihlenberg bald nicht mehr geben, der Restmüll muss ab 2005 vorbehandelt werden.

 

Leserbrief an die Lokalredaktion Rehna


Behandeln statt Verbrennen (Artikel vom 16. Mai 2003)


Der Landkreis Nordwestmecklenburg hat mit seiner Entscheidung über die künftige Restmüll-Entsorgung durch eine mechanisch-biologische Anlage eindeutig das bessere Müllkonzept gewählt. 
Im Landkreis Ludwigslust formulierten vor einigen Wochen tausende besorgter Bürgerinnen und Bürger ihre Einwendungen gegen die geplante Müllverbrennungsanlage in Techentin, die vom RWE-Konzern bereits im Herbst gebaut werden soll. Der Energiemulti ist seit dem Müllskandal in Köln bekannt durch eine Geschäftspolitik, die Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Verwaltung massiv beeinflusst. Dr. Edmund Haferbeck aus Schwerin, wo eine Ansiedelung dieses Unternehmens gerade noch verhindert werden konnte, hatte vorgestern in Ludwigslust vor dem neugegründeten „ABM - Aktionsbündnis Müllverbrennungsanlage“ verschiedener Bürgerinitiativen und Umweltverbände einen hochinteressanten Vortrag zu diesem Thema gehalten. 

Die Müllverbrennungsanlage beeinträchtigt durch ihre hohe Emission, trotz aller Filteranlagen, in erheblichem Maße die Gesundheit der Bevölkerung. Bei der Müllverbrennung entstehen neben den Schwermetallen wie Blei, Cadmium und Quecksilber auch geringe Mengen von Furanen und das Sevesogift Dioxin, die giftigste, krebserregende und missbildungsfördernde, von Menschenhand geschaffene Substanz. Sie ist im Boden in hunderten von Jahren nicht abbaubar und reichert sich über die Nahrungskette im Fettgewebe, Nerven- und Immunsystem unseres Körpers und sogar in der Muttermilch an. Dioxine und Furane sind aus dem menschlichen Organismus kaum wieder auszuscheiden und gelten auch in geringster, nicht mehr messbarer Dosis als krebserregend. Erfahrungen mit der Kernenergie haben gezeigt, dass auch eine Hochtechnologie Störfälle und Betriebsfehler nicht ausschließen kann. Durch nicht mehr kontrollierte Emission von Dioxinen und Furanen könnten Betriebsfehler oder Brände in der MVA katastrophale Folgen haben.

Bei stetig zurückgehendem Müllaufkommen durch bessere Aufklärung und Sortierung durch den Verbraucher wird es in Zukunft immer schwieriger werden, die MVA wirtschaftlich zu betrieben. Etwa ein Drittel des verbrannten Mülls bleiben zurück als schadstoffhaltige Schlacke, Gipse und Filterstäube. Die Schlacken werden zum großen Teil im Straßenbau verbuddelt und belasten damit Umwelt und Grundwasser über viele Jahrzehnte. Die Schlacken müssen gelagert werden, die ultragiftige Filterstäube erfordern weiterhin eine Sondermülldeponie. 

Ökologisch sinnvollere Methoden wären Müll vermeiden, sammeln, sortieren, wiederverwerten, kompostieren und deponieren. Die mechanisch-biologische Abfallbehandlung hat für eine strukturschwache Region mit hoher Arbeitslosigkeit weitaus größeren Nutzen, da sie ökologisch und ökonomisch sinnvoller ist und auch mehr Arbeitsplätze entstehen. Nach einem aktuellen Urteil des europäischen Gerichtshofes aus Februar 2003 ist eine Müllverbrennung eine Müllbeseitigung und keine Müllverwertung. Das deutsche Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz schreibt aber die Verwertung vor der Beseitigung vor.

Der Landkreis Nordwestmecklenburg hat also seine Schularbeiten gemacht.


Ingo Mattner, Aktionsbündnis MVA

 


Bürgerinitiative gegen überhöhte Kommunalabgaben im Landkreis Ludwigslust e.V.
Spenden-/ Vereinskonto Nr. 1530 000 994, Kreissparkasse Ludwigslust, BLZ 140 520 00
Geschäftsführender Vorstand: Ingo Mattner und Dieter Langer
 Haftungsausschluss |  | Stand: 17.05.2003 | webdesign thomas hein