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Wie kann sich ein Bürger gegen eine kommunale Abgabe wehren ? Das Grundgesetz räumt jedem, der sich durch eine „öffentliche
Gewalt„ in seinen Rechten verletzt fühlt, den Rechtsweg gegen eine derartige
Maßnahme ein. Dies gilt auch für Kommunalabgaben. Dabei richtet sich
das Verfahren zur Erhebung kommunaler Abgaben weitgehend nach den Vorschriften
der Abgabenordnung. Für den Rechtsweg gegen derartige Abgabenbescheide sind
die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) maßgebend. Sie regeln,
unter welchen Voraussetzungen Klagen vor den Verwaltungsgerichten zulässig sind
und welche Form- und Fristenerfordernisse beachtet werden müssen. Im Einzelnen hat der Bürger folgende Rechtsbehelfs- und
Antragsmöglichkeiten: Jeder Bürger kann sich mit Bitten und Beschwerden an die
zuständigen Stellen wenden. Dieser Rechtsbehelf ist weder form- noch
fristgebunden. Er kann bei der Behörde (Kommune, Zweckverband) eingelegt
werden, die den Abgabebescheid oder eine Abgabensatzung erlassen oder genehmigt
hat. Die Behörde muß diesen formlosen Rechtsbehelf annehmen
und die vom Bürger kritisierte Entscheidung überprüfen. Mit der
Gegenvorstellung beantragt der Bürger die Aufhebung oder Änderung der
getroffenen Maßnahme (Satzung). Die Einlegung eines formlosen Rechtsbehelfs ist
keine Voraussetzung für ein förmliches Rechtsbehelfsverfahren (Widerspruch,
Klage) und ersetzt ein solches auch nicht. Wird einem formlosen
Rechtsbehelf nicht stattgegeben, so ist gegen diese Ablehnung ein neues förmliches
Rechtsbehelfsverfahren nicht möglich. 1.2. Widerspruch Hält ein Bürger einen kommunalen Abgabebescheid für
falsch oder die Forderung für unberechtigt, hat er die Möglichkeit,
innerhalb eines Monates nach Zugang oder Bekanntgabe des Bescheides
Widerspruch einzulegen. Mit dem Widerspruch beginnt das sogenannte Vorverfahren
nach § 69 bzw. § 68 VwGO. Vor der Erhebung der Anfechtungsklage sind demnach
Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren
nachzuprüfen. Mit diesem Widerspruch wird eine nochmalige Überprüfung
des Bescheides erreicht. Der Widerspruch ist schriftlich einzulegen oder
bei der entsprechenden Behörde zu Protokoll zu geben. Der Widerspruch ist zu
begründen. Die Begründung kann jedoch auch nachgereicht werden. Wird
der Widerspruch nicht begründet, ist er trotzdem nicht hinfällig. Die Behörde ist in jedem Fall verpflichtet, den Bescheid
von Amts wegen zu prüfen. Eine Begründung des Widerspruches ist insofern von
Vorteil, weil die Behörde hierdurch gezwungen ist, die Begründung zu entkräften. In dem Abgabebescheid muß in einer
Rechtsbehelfsbelehrung angegeben sein, wer der Adressat des Widerspruches ist
und in welcher Frist der Widerspruch eingelegt werden kann. Ist die
Rechtsbehelfsbelehrung unvollständig, so verlängert sich die Widerspruchsfrist
auf ein Jahr. Der Widerspruch hat grundsätzlich keine
aufschiebende Wirkung. Der Bürger muß also trotzdem den geforderten Betrag bis
zum Fälligkeitsdatum zahlen (meist 1 Monat). Diese Zahlungspflicht kann nur
dadurch „aufgehoben“ werden, wenn ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
gestellt wird (siehe Punkt 1.5). Die Frage der Kostenpflicht und Kostenerstattung im
Widerspruchsverfahren ist unterschiedlich geregelt und sollte deshalb bei der
entsprechenden Behörde erfragt werden. Übliche Größen in der Praxis sind Gebühren
für die Bearbeitung eines Widerspruches von 30,00 DM bis 150,00 DM. Die vorsorgliche Erhebung eines Widerspruches gegen einen
angekündigten, aber noch nicht ergangenen Bescheid ist unzulässig. Bestandteile
der Begründung des Widerspruches können sein: ·
fehlerhafte Angaben aus dem Buchwerk zum Grundstück (Größe und
Bebauung), ·
nicht korrekte Angabe des Adressaten (Adressat ist immer der/die Grundstückseigentümer,
der/die Erbbauberechtigten oder der/die dinglich Nutzungsberechtigten - bei
Familien in der Regel beide Ehepartner; bei mehreren Eigentümern in der Regel
alle Eigentümer; ist jedoch nicht zwingend geboten; die Behörde braucht den
Bescheid auch nur gegen einen Eigentümer geltend machen; auch der Besitzer kann
bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 (3) ThürKAG Beitragspflichtiger
sein), ·
Nichteinhaltung des Prinzips der Bestimmtheit bei der Bescheiderstellung
(für welche Maßnahme wurde der Bescheid erlassen?), ·
Bezweiflung der Richtigkeit der Grundlagen der Abgabenerhebung
(formell-rechtliche oder materiell-rechtliche Satzungsmängel etc....),
formell-rechtliche Fehler sind meist die Nichteinhaltung des mehrteiligen
Satzungsverfahrens nach § 21 ThürKO oder Fehler bei der Veröffentlichung der
Satzung; materiell-rechtliche Fehler beziehen sich z.B. auf: Verteilungsmaßstäbe
für das Maß und die Art der Nutzung, Eckgrundstücksregelungen, Straßenklassifizierungen,
Bemessungsgrundlagen, ·
Fehler bei der Globalberechnung (leitungsgebundenen Einrichtungen) oder
bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes und des Beitragssatzes, ·
fehlerhafte Beitragsmaßstäbe, ·
noch nicht entstandene Beitragspflicht (insbesondere bei der
Kostenspaltung), wenn die Maßnahme (Teilmaßnahme) noch nicht abgeschlossen
oder die Inanspruchnahme der Einrichtung noch nicht möglich ist, ·
Eintritt der Festsetzungsverjährung. Bei der Begründung der Widersprüche muß kein
Beweisverfahren geführt werden. Es ist ausreichend, wenn Zweifel geäußert
werden. Hält die Gemeinde (Zweckverband) den Widerspruch für
begründet, so hilft sie ihm ab. In diesem Falle wird der angefochtene
Beitragsbescheid aufgehoben (Abhilfebescheid). Dem Bescheid kann auch in Teilen
abgeholfen werden (Teilabhilfebescheid). Der Teilabhilfebescheid ist zu begründen
und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Abhilfebescheide und Teilabhilfebescheide haben
festzulegen, wer die Kosten zu tragen hat (§ 72 VwGO). Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab,
besteht sie also auf der Richtigkeit des Bescheides, dann ergeht ein
Widerspruchsbescheid. Einen Widerspruchsbescheid in Sachen Beitragsbescheid können
Gemeinden und Zweckverbände allerdings nicht selbst erlassen. Sie haben ihn
zuständigkeitshalber dem Landratsamt oder dem Thüringer Landesverwaltungsamt (ThürLVA)
als Rechtsaufsichtsbehörde (Kommunalaufsicht) zur Entscheidung
vorzulegen (§ 73 VwGO). Das Landratsamt bzw. ThürLVA kann jedoch nur die
Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Widerspruches prüfen, nicht dagegen die
Zweckmäßigkeit dieser Entscheidung. Der Widerspruch sollte in der Regel in einem Zeitraum von
drei Monaten entschieden werden. Ist über einen Widerspruch ohne zureichenden
Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage
auch ohne Widerspruchsverfahren zulässig (sogenannte Untätigkeitsklage). Die
Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs
erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere
Frist geboten ist (§ 75 VwGO) Kann die Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsaktes im
Widerspruchsbescheid einen Dritten beschweren, so soll er vor Erlaß des
Widerspruchsbescheides gehört werden (§ 71 VwGO).
Kommunalpolitisches Forum Thüringen
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